Portrait in R+WTextilservice im November 2021
Im Gespräch mit Ralf Hellmann, Geschäftsführer der Dibella b.v., Aalten, Niederlande
„Wir müssen die Dinge holistisch betrachten, wenn wir langfristig nachhaltig arbeiten wollen.“ Zu diesem Schluss kommt Ralf Hellmann bereits vor zehn Jahren. Der Geschäftsführer der Firma Dibella gehört zu den Vorreitern in Sachen CSR in der Textilindustrie. Er hat die Vereinigung MaxTex mitbegründet; im Juli dieses Jahres wurde er erneut zum Vorsitzenden gewählt.
Ralf Hellmann bewegt sich in sehr vertrautem Terrain. Nachhaltigkeit in der Textilindustrie ist quasi seine DNA und er macht diesen Job nicht zum ersten Mal. Seine Funktion als Geschäftsführer der Dibella b. v., mit Hauptsitz in den Niederlanden, und seine Haltung als Unternehmer sind untrennbar mit seinem Engagement für MaxTex verknüpft.
Wir sprachen mit ihm über die Entwicklung von Nachhaltigkeit in der Textilindustrie und im Textilservice, zwei eng miteinander verknüpfte Wirtschaftszweige, für die ökologisch hergestellte Textilien zukunftsweisend sind.
Auch die Aufgaben und Kompetenzen des Dibella-Geschäftsführers im eigenen Unternehmen sind eng mit den Themen der Vereinigung MaxTex verwoben. Compliance, Strategieentwicklung, CSR und Nachhaltigkeit sind die Kernthemen, die auch für kleinere Unternehmen zunehmend relevant werden. Sowohl in der Textilindustrie als auch im Wirtschaftsfeld Textilservice. Noch seien es eher ‚die Großen‘, die sich damit auseinandersetzen müssten. Das dürfte sich aber sehr bald ändern, für alle Betriebe, die marktfähig bleiben wollen, sagt der Experte.
An Nachhaltigkeit kommt niemand vorbei!
Das sah vor zehn Jahren noch anders aus. Damals galt Nachhaltigkeit in vielen Unternehmen als Trend und noch längst nicht als Notwendigkeit. Ralf Hellmann ist allerdings niemand, der Herausforderungen aussitzt, sondern rechtzeitig proaktiv agiert. In seiner Branche arbeitet er seit 1986. Seine Karriere sei schnell erzählt, sagt er. Er habe schlichtweg alle Bereiche eines Textilunternehmens durchlaufen, schwerpunktmäßig im Verkauf, Einkauf und im Marketing. Dabei sei er stets seinem Standort Bocholt treu geblieben. Er führt beispielhaft vor, dass Bodenständigkeit und Flexibilität bestens Hand in Hand gehen können.
Als Ralf Hellmann vor rund zehn Jahren mit der Konzeption einer Nachhaltigkeitsstrategie für Dibella beginnt, stellt er fest, dass das Thema Corporate Social Responsibility für die meisten Unternehmen Neuland ist. „Wir standen alle erst am Anfang“, betont er.
So sei es naheliegend gewesen, die damit verbundenen Herausforderungen und Veränderungen nicht nur ganzheitlich anzugehen, sondern auch in einer starken Gemeinschaft: um Expertise und Erfahrungen zu sammeln, zu bündeln und im Verbund anzuwenden. „Die bevorstehenden Aufgaben waren gewaltig; wir standen vor einem Wust an Fragen.“
Die MaxTex-Idee ist geboren
Ralf Hellmann agiert spontan und nimmt Kontakt zu seinen Mitbewerbern in der Textilindustrie auf, die sich ebenfalls mit dem Aspekt der Nachhaltigkeit beschäftigten. Schnell findet sich ein kleiner Kreis interessierter Unternehmer, die sich zunächst locker austauschten, bis die Idee der Gründung einer Vereinigung für nachhaltige Textilien im Bereich der Business-Textilien im Raum steht. Die Idee MaxTex ist geboren.
Er selbst übernimmt in den ersten Jahren, von 2014 bis 2016, den Vorsitz und bringt sich mit viel Zeit und Energie in ein anspruchsvolles Ehrenamt ein. Wie zeitintensiv die Gründungs- und Aufbauphase der Vereinigung ist, bemerkt er im Tun. „Es wurde zunehmend deutlicher, dass wir sowohl Arbeit- als auch Zeitaufwand anders verteilen mussten“, erinnert er sich. Im Jahr 2017 übergibt er den MaxTex-Vorsitz an Hans-Peter Beck, den damaligen Geschäftsführer der Greiff Mode GmbH & Co. KG in Bamberg. Ralf Hellmann unterstützte ihn weiterhin als Stellvertreter.
„Nach dem Ausscheiden von Hans-Peter Beck bei Greiff-Mode war die Vorstandsposition nun wieder neu zu besetzen“, sagt der Dibella Geschäftsführer, der daraufhin im Juni dieses Jahres das Amt erneut übernimmt. Sein Stellvertreter wird Felix Blumenauer, Geschäftsführer der Weitblick GmbH & Co. KG in Kleinostheim. „Gemeinsam mit den anderen Vorstandsmitgliedern und unserem Geschäftsführer Gerhard Becker bilden wir ein starkes und gut aufgestelltes Team.“
Zu der im Jahr 2014 gegründeten Vereinigung gehören heute internationale Textilhersteller, Konfektionäre, Rohstoff-Produzenten, Textil-Dienstleister, wissenschaftliche Institutionen und junge Start-ups. Ihr gemeinsames Interesse besteht darin, nachhaltiges Handeln in der gesamten textilen Wertschöpfungskette zu sichern. Unternehmerische Verantwortung in sozialer, ökologischer und ökonomischer Hinsicht stehen dabei im Mittelpunkt. Die Realisierung einer hundertprozentigen Kreislaufwirtschaft ist das langfristige Ziel.
Die Stärke von MaxTex und gleichzeitig ihre Besonderheit zeichnen sich durch die Expertenkompetenz aus, die die Mitgliedsunternehmen in allen Bereichen der textilen Lieferkette zur Verfügung stellen, inklusive Textilservice.
CSR ist existenzielle Grundlage
Die Entwicklung von MaxTex ist ein buchstäblich nachhaltiger Prozess. Ein Zeichen für die kontinuierliche, erfolgreiche Weiterentwicklung ist das Konzept der MaxTex Academy: ein hochkarätiges Vortrags- und Seminarprogramm für Unternehmen in der Textilwirtschaft. Damit bietet MaxTex den Teilnehmenden die Chance, sich über aktuelle Entwicklungen und Strategien in Sachen Nachhaltigkeit schlauzumachen. Gefragt ist hier unter anderem das Wissen über gesetzliche Rahmenbedingungen, das auch für kleinere Unternehmen durchaus relevant ist. Mittlerweile gebe es eine Reihe gesetzlicher Vorgaben, die auf den ersten Blick nur größere Unternehmen betreffen. Stichwort Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz! Das dürfte sich sehr bald ändern. Ralf Hellmann sieht es daher als Pflicht und Aufgabe von MaxTex, auch das Wissen darüber an kleinere branchennahe Unternehmen weiterzugeben.
Jedes Unternehmen müsse sich künftig den Anforderungen an Nachhaltigkeit stellen, um markt- und existenzfähig zu bleiben. „Selbst kreditgebende Banken richten ihren Fokus inzwischen darauf, inwieweit Unternehmen ihre gesellschaftliche Verantwortung mit einer Corporate Social Responsibility-Strategie erfüllen. Und ob die geplanten Investitionen den Kriterien von Nachhaltigkeit entsprechen, im Sinne von ESG (Environment, Social und Governance).“ Für Unternehmen jeglicher Größenordnung dränge nun die Zeit!
Die MaxTex Academy ist etabliert
Sie ist bereits im Jahr 2016 Gesprächsstoff: Die Idee zur Gründung einer Academy. „Uns war klar, dass nur erstklassige Wissens- und Kompetenzvermittlung die Unternehmen zum Erfolg führen können. Die Umsetzung erschien uns damals, mit siebzehn Mitgliedsunternehmen, noch verfrüht. Nun, mit der dreifachen Anzahl von Mitgliedern, war der Schritt möglich. Ende 2020 konnten wir schließlich eine Ausschreibung der GIZ (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit) gewinnen, und durch die Förderung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung haben wir einen zusätzlichen, positiven Schub bekommen.“ Das breit gefächerte Angebot an Seminaren und Vorträgensteht allen Unternehmen offen, der Schwerpunkt liegt jedoch auf der Textilindustrie.
„Unser Ziel ist es, weiterhin an der Spitze nachhaltiger Entwicklung in der Textilwirtschaft zu stehen“, sagt Ralf Hellmann. Das gelte auch für das Unternehmen und die Marke Dibella. „Wir wollen in Sachen Nachhaltigkeit Frontrunner sein.“
Enkeltaugliche Konzepte!
Dass Corporate Social Responsibility kein Trend ist, wie vielleicht vor zehn Jahren noch prophezeit, habe sich zudem hinlänglich gezeigt. Damit verbundene Anforderungen an nachhaltige Produktionsprozesse seien existenziell für jedes Unternehmen. Dibella werde daher den bereits vor einem Jahrzehnt eingeschlagenen Weg konsequent weitergehen. „Das heißt, dass wir auch weiterhin an enkeltauglichen Konzepten und Strategien arbeiten“, sagt der Geschäftsführer.
Und das sei auch mit einer größtenteils nach Asien verlagerten Produktion möglich. Konfektioniert werde allerdings vornehmlich in Tschechien, um flexibel und kurzfristig auf Kundenanfragen reagieren zu können. Das Unternehmensleitbild mit dem Slogan „longlife textiles“ bleibe verbindlich. Bereits mit der Firmengründung vor dreißig Jahren habe sich Dibella die Produktion langlebiger Textilien auf die Fahne geschrieben. Diesem Auftrag habe sich sein Unternehmen verpflichtet. Verbunden damit seien heute eine Vielzahl an Beratungsleistungen für die Marktpartner: Schulungen und Workshops vor Ort im Rahmen des ‚Dibella plus Konzepts‘.
Spannend für Kooperationen im Wirtschaftsfeld Textilservice ist vor allem das ‚Dibella Clean & Lean Konzept‘, das die Bereitstellung nachhaltiger, wäschereitauglicher Objekttextilien garantiert, ob für Hotellerie, Gastronomie oder im Gesundheitswesen. Dieses Konzept beschreibe die holistische Arbeitsweise von Dibella im besten Sinne, erklärt Ralf Hellmann, unabhängig vom Sortiment. „Wir sind bestrebt, es unseren Kunden auf allen Ebenen so einfach wie möglich zu machen. So übernehmen wir zunächst einmal die Verantwortung bei der Rohstoffauswahl und selbstverständlich für die Fertigung. Unsere Techniker entwickeln industriell langhaltbare, waschbare Textilien speziell für den Textilservice sowie Logistikdienste und Up-cycling-Lösungen. Darüber hinaus bieten wir eine Reihe von Services zusätzlich zu den reinen Produkten. So unterstützen wir unsere Partner nicht nur durch Schulungen oder Workshops, sondern auch in Fragen zu Zertifizierungen, bei Kommunikationsmaßnahmen und nicht zuletzt durch die Rücknahme von Alttextilien und deren Rückführung in den textilen Kreislauf. Kurz gesagt: Unsere Kunden bekommen mit Dibella Textilien ein Rund-um-sorglos-Paket.“
Von der Industrie in den Haushalt
Ihr komplexes Produkt- und Serviceknowhow stellt Dibella inzwischen auch privaten Anwender*innen zur Verfügung. Über einen Online-Shop, einer separaten Website, haben Privatkund*innen Zugang zu den ‚Dibella Good Textiles‘, einem umfassenden Sortiment an nachhaltigen Textilien in Profiqualität: ökologisch produzierte Bio-Bettwäsche, Handtücher oder Bademäntel. Aufmerksam darauf werden vor allem Hotelgäste, welche die Produktqualität der Objekttextilien während eines Aufenthaltes im Hotel kennengelernt und wertgeschätzt haben. Noch ist der Shop in der Pilotphase, von einer steigenden Nachfrage sei allerdings auszugehen. Denn auch im Privathaushalt setze sich die Nachfrage nach hochwertigen, langlebigen und nachhaltig produzierten Textilien fort.
Das schließt Ralf Hellmann unter anderem aus persönlicher Erfahrung. Letztlich sei es auch an ihm nicht spurlos vorbeigegangen, sich über all die Jahre mit dem Thema zu beschäftigen. „Bei uns zu Hause tun wir alles für einen nachhaltigen Lebensstil, ob bei der Auswahl der Lebensmittel, der Energieversorgung, der Datensicherheit oder der Mobilität“, verrät er uns. Und wir schlussfolgern: Es braucht nicht nur Überzeugungskraft und die Bereitschaft zur gesellschaftlichen Verantwortung, sondern vor allem Authentizität, um nachhaltige Fußabdrücke zu hinterlassen. Nicht nur rein ökologisch betrachtet.