Die Produktion von Textilien ist ressourcenintensiv und verursacht große Mengen an Kohlendioxid-Emissionen. Diese werden einerseits als direkt freigesetzt, andererseits entstehen sie indirekt – etwa durch die Erzeugung von Düngern und Pestiziden für den Baumwollanbau. Im Lauf der einzelnen Fertigungsschritte eines Textils entsteht dadurch ein ökologischer Fußabdruck mit enormer Schuhgröße. Dieser entsteht jedes Mal wieder, wenn ein neues Bekleidungsteil, ein neuer Bettbezug oder ein neues Handtuch angefertigt wird. Dabei wäre es viel vernünftiger, die bereits gewonnenen Textilien nach ihrer ersten Gebrauchsphase weiterzuverwenden bzw. zu recyceln: Dadurch könnten sowohl Ressourcen als auch Klimagase eingespart werden.
Die Europäische Kommission hat diese unnötige „Verschwendung“ durch den Green Deal und den im März 2020 verabschiedeten New Circular Economy Action Plan adressiert. Durch zirkuläre Modelle soll die Lebensspanne von textilen Produkten zukünftig verlängert werden und die derzeitig vorherrschende Wegwerfmentalität soll den Prinzipien einer nachhaltigen, verantwortungsbewussten Nutzung weichen. Ausgediente Bekleidung und Textilien sollen nicht mehr wie bisher auf dem Müll landen, sondern wiederverwendet, repariert und schlussendlich recycelt werden. Im Idealfall soll also aus einer Faser wieder eine Faser oder einem Textil wieder ein Textil werden.
Den Kreislauf endgültig schließen!
Der Textilservice lebt bereits seit Langem vor, dass ein solches Modell funktioniert. Dort werden Wäschestücke dank Aufbereitung, Reparatur und Wiederverwendung so lange eingesetzt, bis Aussehen oder Funktionalität nicht mehr den Anforderungen des Kunden entsprechen. Allerdings fehlt bisher noch der letzte Schritt, um den Kreislauf endgültig zu schließen. Noch gibt es keine Lösung, die ausgesteuerten Textilien wieder als Rohstoff für neue Produkte einzusetzen. Stattdessen enden Alttextilien häufig noch im Downcycling und werden zu Putzlappen oder Reißfasern verarbeitet. Dabei bietet der Mietservice ideale Voraussetzungen für eine Faserrückgewinnung im industriellen Maßstab, denn in der Branche werden große Mengen gleichartiger Qualitäten eingesetzt. Dieses Potenzial gilt es zu heben!
Aus alt macht neu!
Ansätze, die Möglichkeiten ausgemusterter Objektwäsche zu nutzen, gibt es bereits seit Längerem. So nutzt das finnische Design-Studio Tauko großformatige Alttextilien aus der Hotellerie und dem Gesundheitswesen als Grundlage für exklusive Schürzenkollektionen für das Gastgewerbe sowie für neue modische Kreationen. Die Designerinnen färben die Ware um und schneidern daraus individuelle Berufskleidung und Mode.
Das schwedische Unternehmen Reused Remade, das wir in der Anfangsphase mit ausgedienter Bettwäsche unterstützt haben, verarbeitet diese zu langlebigen, textilen Tragetaschen weiter. Inzwischen haben die beiden Designerinnen ihr Produktportfolio um verschiedene kosmetische Accessoires ergänzt, die aus alten Frottiertüchern hergestellt werden.
Obwohl solche Upcycling-Konzepte zur Kreation ganz neuer Produkte führen, bieten sie keinen ganzheitlichen Lösungsansatz. Einerseits können unbrauchbare, stark verfleckte Objekttextilien nicht berücksichtigt werden, andererseits fallen in der Konfektion Schnittreste, also Abfälle, an.
Verschiedene Wege führen zur Recyclingfaser
Das Ziel einer zirkulären Textilindustrie muss es jedoch sein, die in der Ware gebundenen Rohstoffe möglichst umfassend weiter zu nutzen. Idealerweise wird dazu der Textilverbund getrennt, die Fasern sortenrein herausgelöst und erneut in den textilen Fertigungsprozess eingebracht. Bisher ist das, was einfach klingt, allerdings noch weitgehend Zukunftsmusik. Es gibt aber Anlass zur Hoffnung, wie einige Projekte zeigen, die Dibella initiiert hat.
- Bei einem Textilservice-Kunden ausgesteuerte Servietten aus 100% Bio-Fairtrade-Baumwolle wurden bei einem Partnerbetrieb in Pakistan mechanisch recycelt und anschließend zu Jeans verarbeitet. Dazu wurden die Textilien geschreddert, wobei die Fasern aus dem Verbund gelöst werden. Die relativ kurzstapelige Recycling-Baumwolle wurde anschließend mit neuen Fasern gemischt, zu Garnen gesponnen, zu Denim-Stoffen gewebt und zu Jeans verarbeitet.
- Um eine Trennung von Baumwoll-Polyester-Mischgeweben in ihre Grundstoffe voranzubringen, engagiert sich Dibella seit Jahren als „pioneer member“ bei dem englischen Start-up WORN
AGAIN.
Für das chemische Recycling errichtet das im Jahr 2005 in London gegründete Unternehmen derzeit eine Pilotanlage in der Schweiz. Sie soll im Jahr 2024 die Arbeit aufnehmen, vorerst aber nur Textilien aus 100% Polyester aufbereiten.
Im nächsten Schritt ist eine Erweiterung auf Mischgewebe aus der Berufskleidungsbranche vorgesehen, die standardmäßig 65% Polyester enthalten.
Am Ende des Prozesses sollen zwei einzelne Warenströme – nämlich Cellulose und PET – übrigbleiben, die in den textilen Kreislauf zurückgeführt werden können.
- In dem Forschungsprojekt DITEX beteiligte sich Dibella bei der Entwicklung einer kreislauffähigen Bettwäsche.
Sie besteht aus recyceltem Polyester und der Lyocell-Regeneratfaser Refibra®, die unter anderem aus Abfällen der Baumwollproduktion gewonnen wird. Die Ergebnisse des Projekts haben zu der Bettwäsche-Linie Versailles geführt, die wir in der nächsten Ausgabe unserer "Waschecht" näher vorstellen werden.
- Im Jahr 2021 hat Dibella mit verschiedenen Partnern die Kooperative CIBUTEX gegründet. Deren Ziel ist eine großindustrielle Rückgewinnung des chemischen Baustoffs der Baumwolle: Cellulose. Dazu sammelt CIBUTEX Alttextilien von Textilservice-Kunden, sortiert sie nach Materialgruppen und versendet sie dann nach Schweden zum Recycling-Unternehmen Södra. Dort werden die angelieferten Textilien klein gemahlen, im Lyocell-Prozess zu Zellstoff umgewandelt und anschließend im so genannten „OnceMore“-Prozess zur Tencel™ Refibra®-Faser ausgesponnen. Das chemische Cellulose-Recycling von Baumwolle ist bisher auf weiße, gebleichte Textilien beschränkt und nur in begrenztem Umfang verfügbar. Dank der CIBUTEX-Initiative stehen Södra nun aber steigende Mengen an baumwollhaltigen Alttextilien zur Verfügung. Das Unternehmen baut seine Kapazitäten daher aus: Die für das Jahr 2025 geplante OnceMore-Anlage soll eine jährliche Produktion von 25.000 t haben.
- Wie sich in dem Forschungsprojekt DITEX herausgestellt hat, erweist sich die Identifizierung von Alttextilien als großes Hindernis für eine effiziente Faserrückgewinnung. Dibella und mehrere Forschungspartner engagieren sich seit Anfang 2023 für eine Lösung: In dem von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten „KICKup“-Projekt (KI-gestützte, chemische Cellulose-Kreisläufe) wollen sie die Sortierung von Geweben aus Baumwolle und Polyester automatisieren und damit die Grundlage für ein reibungsloses Faserrecycling schaffen.
Hersteller in der Pflicht
Während zirkuläre Systeme zum Textilrecycling in Deutschland noch immer auf private Initiativen zurückgehen, ist Frankreich bereits aktiv geworden. Die Regierung in Paris hat zum 1. Januar 2023 eine erweiterte Produzentenverantwortung (EPR Policy) verfügt. Diese macht Hersteller, Händler und Importeure von Mode, Haushaltswäsche und Schuhen für ihre Produkte verantwortlich – und zwar über den gesamten Lebenszyklus ihrer Waren. In die gesetzliche Forderung sind die Gestaltung nachhaltigerer Prozesse, die Nutzung von Nachhaltigkeitslabeln, eine stärkere Nutzung von Recyclingmaterialien eingeschlossen. Hinzu kommt ein Vernichtungsverbot sowie die Pflicht zum Recycling der Produkte und Verpackungen nach Gebrauchsende. Hierfür können die Unternehmen ein eigenes, behördlich-akkreditiertes Programm aufstellen bzw. sind sie verpflichtet, sich bei einem zugelassenen Rücknahmesystem zu registrieren.
Schweden ist das zweite Land, in dem eine EPR für Bekleidung, Haustextilien, Taschen und textile Accessoires eingeführt wurde. Ab dem 1. Januar 2024 werden Hersteller verpflichtet, sich an einem kollektiven Rücknahmesystem für ihre Produkte zu beteiligen. Dadurch soll die Menge der Textilabfälle, die in der energetischen Entsorgung oder dem Hausmüll landen, schrittweise um 90 % verringert werden.
In den Niederlanden und in Deutschland ist die Einführung eine EPR bis zum Jahr 2025 geplant. Hersteller und Händler von Textilien müssen sich dann auf eine Registrierungspflicht, wie sie beispielsweise aus dem Verpackungsbereich bekannt ist, einstellen. Dann dürfen nur diejenigen Unternehmen ihre textilen Produkte in Verkehr bringen, die ihre Produkte lizenziert haben und die Verantwortung für deren kompletten Lebenszyklus übernehmen. Dank unserer vielfältigen Partnerschaften und Initiativen sind wir bei Dibella gut darauf vorbereitet!
Quellen und Projektlinks:
https://environment.ec.europa.eu/strategy/circular-economy-action-plan_en
https://reusedremade.com/pages/manifest
https://wornagain.co.uk/
https://www.ditex-kreislaufwirtschaft.de/
https://www.cibutex.eco/de/
https://www.kickup.eco/
https://www.oecd.org/environment/extended-producer-responsibility.htm